ANgeDACHT

...die Kraft kommt in der Ohnmacht zum Ziel. 

(2.Kor.12,9,b) 

Liebe Leserinnen und Leser,
nun ist unser neues Jahr schon einen Monat alt und eventuell haben Sie in diesem kurzen Zeitraum die Erfahrung gemacht, dass sich ihre guten Vorhaben für das neue Jahr aufgelöst haben, dass Sie sie haben fallen lassen.
Gute Vorhaben können platzen wie Seifenblasen. Zu schwach waren wir dann wieder einmal, zu stark war der innere Schweinehund. Erinnern sie sich noch an die Jahreslosung für dieses Jahr?
Als ich mich mit dem Text aus einander setzte und auch übersetzte, bin ich zu einer etwas anderen Übersetzung als der gängigen Lutherübersetzung gekommen. In ihr kommt sehr viel von der Erfahrung des Scheiterns, aber auch des Angenommen seins und ein gewisses „Happy End“-Gefühl zum Tragen:

Und der Herr hat gesagt: ... die Kraft kommt in der Ohnmacht zum Ziel. 2. Kor. 12, 9,b

Habe ich nicht gerade meine eigene Ohnmacht erlebt, als es „nur“ um die guten Vorsätze für das neue Jahr ging? Es ist sehr schwer, die eigene Ohnmacht zu akzeptieren und an zunehmen. Zu schwer nagt das Gefühl der Ohnmacht in uns und bearbeitet unser Gewissen.

Wenn wir dagegen der Glaubensweisheit des Paulus an die Gemeinde in Korinth vertrauen, dann dürfen wir eine Wandlung erleben: Die Glaubensweisheit des Paulus akzeptiert die eigene Ohnmacht und spricht sie aus. In dem auf die Annahme folgenden Schritt kann dann Gottes Macht und Kraft in uns wirken. Wir werden dazu ermutigt, uns mit der eigenen und ganz persönlichen Ohnmacht auseinander zu setzen und sich ihr zu stellen. Dabei hat die eigene Ohnmacht viele Seiten und Schattierungen. Wenn ich aber meine Ohnmacht vor Gott bringe, provoziere ich bei ihm keine Stärke von oben herab. Gestehe ich Gott meine Schwäche ein, wird sie mir bei ihm nicht zum Fallstrick, so wie wir es leider zu oft im zwischenmenschlichen Miteinander erleben. Gott begegnet uns anders als die Welt: Gott antwortet auf unsere Ohnmacht mit Liebe und Erbarmen und schenkt uns Kraft. Und nur deshalb kann seine Stärke in unserer Schwachheit wirken. Nur deshalb kann seine Kraft in unserer Ohnmacht zum Ziel kommen.

In dem Lied: „Meine engen Grenzen“ von Eugen Eckert heißt es in der zweiten Strophe: „Meine ganze Ohnmacht, was mich beugt und lähmt, bringe ich vor dich. Wandle sie in Stärke, Herr erbarme dich.“ Ich finde, diese Verse drücken sehr gut die Möglichkeiten aus, die mit Gott in meiner Schwäche verborgen liegen. Ich fürchte: Wir leben alle mehr oder minder ein Leben, in dem wir Erfahrungen des Gebeugtwerdens und Gelähmtseins machen, ein Leben, in dem manche guten Vorsätze platzen wie die Seifenblasen. Und deshalb wünsche ich Ihnen herzlich für jeden Tag die Erfahrung, dass Sie in ihrer Ohnmacht getragen werden von der Macht unseres Herrn. Dank seiner Stärke kommen auch wir ans Ziel! 


Pastorin Ellen Drephal-Kelm  

Ihre Pastorin
Ellen Drephal-Kelm 

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